Der Satz begleitet mich nun schon seit ein paar Jahren und ich will dem endlich Raum geben und alles dazu aufschreiben, was ich darüber weiß oder glaube zu wissen. Auch dieses Wissen und noch viel mehr die Erfahrungen, die ich dazu gemacht habe und mache, dürfen aus meinem Kopf raus. Da ist soviel was ich gelernt, gespürt, gefühlt, verstanden, begriffen und umgesetzt habe.
Mein Kopf war lange Zeit mein größter Feind und es hat sich so angefühlt als ob er mich in mir gefangen hält und es keine Möglichkeit oder Chance gibt da je rauszukommen. Aus einem Gefängnis das ich mir selbst gebaut hab, mit Gitterstäben aus Gedanken und Mauern aus Vorstellungen von Grenzen und Beschränkungen, die mein Kopf erschaffen hat und ich nicht glaubte je ändern zu können. Und ja, das hatte sich im Laufe der Zeit immer mehr aufgebaut, bedingt durch eine schwierige Kindheit, in der ich mich nicht verstanden fühlte, durch viele Verletzungen, Unfälle, einer Essstörung, später dann Panikattacken, depressive Verstimmungen usw. Dem allen und den Umständen im Außen gab ich die Schuld für mein Leid und meine Misere. Ich versuchte mir durch verschiedene Therapien, Bücher… Hilfe zu holen, nur wurde mein Kopf nicht leiser, sondern meist noch lauter.
Zu ändern begann sich dieses Kopfkino, zu dem ich heute liebevoll „mindfuck“ oder früher auch weniger liebevoll „hirnwichsen“ sagte (wobei beides ja das gleiche bedeutet, ich aber die englische Version etwas abgemildert finde), ab dem Zeitpunkt in dem ich meinen Körper mit ins Spiel brachte. Es ist so spannend wie wenig ich in meinem Leben ändern konnte als ich versuchte alles über den Kopf zu be-denken, analysieren und strukturieren. Es war wie ein Festhängen da oben im Hirn, dass nicht runter durfte. Und da kommt uns die Weisheit der deutschen Sprache auch zugute, wenn wir sagen, wir be-greifen oder ver-stehen etwas, nehmen es uns zu Herzen, verdauen und integrieren es. Da ist in der Sprache schon soviel Körper dabei, eigentlich so einfach und gleichzeitig so wundervoll. Zu Beginn ging es bei mir darum, die Anspannungen in meinem Körper Schicht um Schicht zu lösen. Die gefühlten Felsbrocken auf meinen Schultern, die kalte Hand im Nacken, die zudrückt, schmerzt und den Hals eng macht, den riesigen Ambos auf meiner Brust, der mir die Luft zu atmen nahm, den festgehaltenen Bauch, der mir so vorkam als wäre er voller Steine usw.
Als sich diese Anspannungen und Blockaden langsam zu lösen begannen, sind auch die jeweiligen Gefühle aufgetaucht und haben den Raum bekommen, durchgefühlt und ausgefühlt zu werden. Ich hatte damals so panische Angst vor der Angst, davor dass sie mich überwältigt und ich ihr hilflos ausgeliefert bin, ich mich nicht mehr halten kann, daran zerbreche und letztlich sterbe. Ich glaube wir alle haben mehr oder weniger diese Existenzangst in uns, auch wenn sie sich bei jedem wahrscheinlich unterschiedlich anfühlt, sind doch fast alle Ängste im Endeffekt die eine große Angst, nämlich die vor dem Tod, vor der Auslöschung des Ichs. Doch Stück für Stück lernte ich mit dieser Angst da zu sein, sie sogar willkommen zu heißen und einzuladen (das hat schon einige Zeit gedauert), weil ich spürte dass es mich freier macht wenn ich mich in sie hinein entspanne, das dadurch mein Körper gelöst und mein Kopf leiser wird. Was ich vor allem auch lernte war, dass all die Anspannungen im Körper nicht von außen kamen, sondern ich sie selbst kreiert und erschaffen habe, indem ich Gefühle hinuntergeschluckt hatte, sie nicht fühlen wollte, mich dagegen angespannt und gewappnet habe. Und vor allem auch diese Widerstände in mir, gegen das zu sein was ist, haben meine „Körperpanzer“ noch fester und enger gemacht.
Um nochmal auf den eigentlichen Titel zurückzukommen, was ist es was mich aus meinen Kopf rausholt und ins Sein bringt? Mein Körper auf der einen Seite, indem ich Übungen mache, mich schüttle, tief und bewusst atme, mich in mich rein entspanne… Und auf der anderen Seite meine Gefühle, das da-sein-lassen und durchfühlen von allem was da ist. Mich hinzugeben und annehmen. Mich reinfallen zu lassen ins Leben, in den großen Abenteuerspielplatz, mich auszuprobieren, hinzufallen, wieder aufzustehen, täglich neu, täglich mit mehr oder weniger Freude, Liebe, Schmerz, Angst… all das und mich selbst zu umarmen, mit allem was da so ist. Dann bin ich.